Aktuell gibt es in HR & Leadership wenig positive Trends. Die Gesundheitswirtschaft schaut mit Sorge in die Zukunft (hohe Wechsel- und sogar Ausstiegsbereitschaft). Generell interessieren sich 48% der deutschen Arbeitnehmer für einen Jobwechsel, wenn auch das Engagement dafür (sich bewerben oder auf eine gute Gelegenheit warten) unterschiedlich ist.
Die Amerikaner kennen dieses Phänomen aus 2020 / 2021 unter dem Label „Great Resignation“: Millionen Arbeitnehmer*innen haben während der Pandemie gekündigt, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht länger hinnehmen wollten. Nachdem hin und her diskutiert wurde, ob dieses Phänomen auch nach Europa schwappt, wissen wir inzwischen Bescheid: Ja. Aber bei uns sieht es struktureller aus, weniger ereignisgetrieben. Etwas scheint ganz prinzipiell umzubrechen: Nicht nur, dass jüngere Generationen andere Erwartungen an ihre Arbeitgeber adressieren, sondern auch viele Ältere prüfen ihre Optionen, früher aus dem Job auszusteigen oder noch eine späte, neue Karriere zu beginnen, die dann über den Renteneintritt hinaus reicht. Klassische Lebensabschnittszäsuren erodieren – die Multi-Krise beschleunigt Werte- und Verhaltenswandel.
Neue Phänomene sind
• Ghosting (die bereits kontaktierte oder sogar eingeladene Bewerberin meldet sich nicht mehr. Kein Telefon, keine Mails – Person verschwunden)
• Quiet Quitting (die stille Kündigung, die unausgesprochen so lange die Tätigkeit grundiert, bis die Person etwas Neues gefunden hat und geht)
• Quiet Firing (hilfslose oder überforderte Führungskräfte, die Arbeitnehmer*innen, die z. B. personalrechtlich kaum kündbar sind, mehr oder weniger subtil aus der Firma herausmobben; die also still, unausgesprochen kündigen)
Auf eine künftige Führung, die – ob sie das nun will oder nicht – in Beziehung und glaubwürdige Bindung investieren muss. Es ist nicht zu sehen, wie es Unternehmen gelingen soll, Personal zu halten (falls sie denn welches bekommen), wenn sie ihren Leuten nicht ein berufliches Umfeld bieten, das das Bleiben lohnt.
Kolleg*innen, die man gut kennenlernen kann, weil jeder weiß und versteht, was die Führungskraft will. Weil sich aufgrund der Zieltransparenz alle verständigen müssen, wie das realisiert werden kann – und jeder gern dazu bereit ist und Lust darauf hat, weil die Ziele plausibel sind. Man kann sie verstehen, sie stehen nicht bloß im Mitarbeiter-Gesprächsbogen. Weil es mehr Sinn macht, das gemeinsam zu versuchen, den für alle besten und gesündesten Weg dorthin zu finden, als im jeder-für-sich-Modus gegen die anderen Energie zu verschwenden und abends ausgelaugt aus dem Büro zu wanken. Und weil das irgendwie auch Spaß macht: Alle arbeiten in die gleiche Richtung und nicht gegeneinander. Es gibt eher selten Schnittstellenprobleme, krasse Missverständnisse oder Aneinandervorbeireden. Mittagspausen und Betriebsmeetings genießen die meisten. Das Umfeld pusht einen und zieht nicht ‘runter, die Kollegen geben Energie und rauben sie nicht (oder vergleichsweise selten).
Eine solche Führungsökologie ist Zukunftsmusik. Sie hat eigene Führungsmethoden und -techniken und steuert mittels der Gestaltung von Beziehungen, nicht qua Expertise, Wissen, Kompetenzen, Skills. Etwa
Was hier hochdreht, sind Verhaltensökonomik und Kognitionswissen. Führung geht endlich auch beziehungstechnisch in die Tiefe - wenn das kein positiver Trend ist!
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