Hat die Zukunftsforschung »Gesetze« oder Prinzipien, nach denen sie arbeitet? Und können die auch andere, etwa Führungskräfte oder allgemein die Unternehmen nutzen? Wir gehen das in loser Folge mal durch, und: Ja, so etwas gibt es! Alles ca. 100 Jahre alt, gut abgehangen also - und im europäischen Wirtschaftsraum nahezu irrelevant (im Gegensatz zum pazifischen).
Bei Langfrist- oder Strategieplanungen gibt die Wirtschaftslehre klassischerweise Benchmarking vor, Wettbewerbsanalysen, Branchenvergleiche, auch mal Trend-Reports oder Marktforschung. Alles etablierte und nützliche Hilfen, die ersonnen wurden für stabile und konstante Märkte. In regelmäßigen Abständen ändern sich Kunden und Technologien (dafür gibt's Marktforschung), aber die kontinuierliche Marktentwicklung lässt sich im Großen und Ganzen über die Jahre monitoren und verfolgen, es gibt deshalb regelmäßige Updates, Mega-Trends und Statistik.
Unter VUCA-Bedingungen geht es darum nicht mehr.
Eine unkomfortable Konsequenz aus dem VUCA-Thema ist, dass zwar Wissen über veränderte Marktbedingungen vorhanden ist, den Unternehmen dies bei vielen Wandelformaten aber nichts nützt. Wie effektiv ist es, einen riskanten neuen Wettbewerber mit »einzuplanen«, der wenige Monate später vom Monopolisten gekauft wird? Was hilft eine vorausschauende Innovationspipeline, wenn eine disruptive Technologie innerhalb von 24 Monaten eine Branche erledigt? Wo liegt der Nutzen von Kundenbefragungen, wenn sich Kaufverhalten in einigen Wirtschaftsbereichen nicht aufgrund des Angebots verändert, sondern aus anderen, etwa sozialen, politischen oder Werte-Gründen (die nicht immer artikulierbar, bewusst und erhebbar sind, teilweise sich aber auch kurzfristig ändern)? Oder wenn Kunden aufgrund der Komplexität der Materie gar nicht wissen können, was möglich ist - und daher: was sie eigentlich wollen könnten?
Dies ist kein Votum gegen die vorhandenen Instrumente, aber ein Plädoyer dafür zu prüfen, wie tragfähig diese Instrumente für die eigene Firma eigentlich noch sind. Und ob Ergänzungen interessant werden.
Von Störfällen wie Finanzblasen, Wetterkatastrophen oder einer Pandemie (oder gar Kriegstreiberei) wollen wir erst gar nicht anfangen: Hier ist Reaktion keine Option. Alle Experten sind sich einig, dass sie zu-, nicht abnehmen. Was also sollten Unternehmen proaktiv im Visier haben?
Proaktives Planen bedeutet in der Zukunftsforschung, für einen steten Fluss an Innovation und ein stabiles Fundament für Resilienz zu sorgen: Für Neues Systematiken zu entwickeln und den Betrieb dadurch insgesamt abzusichern - auch unter disruptiven Bedingungen. Dafür braucht es eigene Reflexionszonen, ein vordenkendes (!) Controlling. Also etwa
Unseren Firmen fällt all das – auch aufgrund der prinzipienhaft-universalistischen BWL-Grundsätze – extrem schwer. Hierzulande gilt das Verwerfen von Doktrinen aus dem betriebswirtschaftlichen Lehrbuch als unprofessionell. Merke: Professionell ist nicht, wer der Theorie folgt, sondern, wer überlebt. Proaktives Planen hilft dabei, aber es ist kontra-intuitiv. Ein Controller, der etwas auf sich hält, schaut in Daten (»Gegebenes«), nicht auf Optionen. Bei uns blamiert man sich damit.
Betrachten Sie's aber mal positiv: Die wenigen, die kapieren, was hier passiert, sind vorne mit dabei.
Stets gute Sicht dorthin!
Was denkst du?