Um Remote Leadership, hybrides Arbeiten und Digitalisierung nicht. Wissenschaftliche Zukunftsforschung nimmt Anthropologie ernst: Krisen verändern Menschen. Uns interessiert, was in der Krise passiert ist, das das Morgen qualitativ verändern wird. Die Deutschen wollen das gerade nicht hören, sie sind müde, also nutzen sie »alte« Vor-Corona-Themen, um ihren Wissensdurst zu befriedigen (»Digitalisierung, Ökologie und mehr Gerechtigkeit: Jetzt erst recht!«). Zukunft als Leerstelle - reicht das?
Es ist insofern schon einmal ein Geistesblitz, als dass uns aufgefallen ist, dass ohne eine Modernisierung etwa des Gesundheitssystems (Digitalisierung) oder eine substanzielle Veränderung der industriellen Massentierhaltung (-> Wuhan, Ökologie) die Zukunft schwierig wird. Insofern ist der Mainstream-Chor nicht konkret »falsch«. Bloß ist dies der uninteressantere Teil.
Falls jemand ein Themenportfolio entwickeln möchte unter der Überschrift »Welche Themen in einem pandemischen Wahlkampf in Deutschland nichts zu suchen haben«, hätten wir noch ein paar Vorschläge mehr. Bloß unter die Teppichkante damit.
Solche Schwachstellen beseitigen, ganz einfach. Die Frage ist im Grunde banal und dumm, weil die Antwort jede*r kennt. Der Kaiser ist nackt, aber keiner sagt’s. Wollen wir die Postfaktizität weiter wachsen lassen, warten, bis die junge Generation sich vom System abwendet? Aus zukunftsforscherischer Sicht (die zeitlogisch arbeitet und anthroplogie-nah aufgestellt ist) sind die derzeit gesuchten Antworten kein Hexenwerk – so seltsam oder gar vermessen sich das anhören mag. Ändern können wir bloß nicht: Systeme, Strukturen, Prozesse, Bedingungen und Voraussetzungen - das ist elaborierter Code als Tarnanzug für Praxisvermeidung. Ändern können wir: Zugang, Perspektive, Sinnkorridor, Haltung, Präferenzen, Fokus. Zukunftsforscher arbeiten deshalb (zum Beispiel - das würde sonst diesen Beitrag sprengen) mit dem, was der Mainstream geradezu verbietet und was der Wahlkampf aus gutem Grund komplett tabuisierte: Wir antworten überhaupt nicht, sondern investieren viel Energie, um erst einmal die richtigen Fragen herauszubekommen. Und bereits an dieser Stelle sind die meisten schon wieder durch die Tür („oh je, das kann ja dauern. Ruf mich an, wenn sie fertig sind“). Deutschland produziert aus Tradition Antworten; bei Fragen stehen andere oben auf dem Treppchen. Unsere Legitimation dafür, die Deutsche für logisch halten, lautet: Bloß nicht »noch mehr« Fragen, wir haben doch schon genug! Und genau der Bumerang, der hier losfliegt, kommt nach Corona wieder auf uns zu.
Tja, liebe Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, so geht geistige Arbeit. Anstrengend, zeitaufwändig, langsam. BWL ist schneller, KI noch schneller. Wir haben die Wahl. Bloß der alte Kalauer, man könne noch nicht wissen, was kommt, der funktioniert inzwischen definitiv nicht mehr, denn auch das ist logisch (freilich bereits die nächste Logik): Wenn ich nicht weiß, was überhaupt die adäquate Frage ist, sind meine Antwortstapel irrelevant. Aber wenigstens sind dank Stapelproduktion erst mal alle beschäftigt.
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