Drei Führungsmuster, mit denen die Aufmerksamkeit Ihnen gehört und Mitarbeiter nach 8 Wochen in Ihre Unit wechseln wollen
Nicht nur, aber vor allem die jungen Generationen haben die Einstellung zu »Lebens«zeit verändert. Sie setzen sie zu »Arbeits«zeit in Beziehung und steigen aus den Performance-Rat Races aus.
Etablierte Führungskräfte, insbesondere aber hierarchische Spitzen, haben damit dreifachen Ärger.
Inspiration und emotionales Verstehen dieser Entwicklung kommen praktisch nur von Anders-Leadern. Von Beispielen und Vorbildern, die sich anders verhalten als wir, rätselhafterweise. Was sind das für Rätsel? Werte-Rätsel. [Für Eilige direkt zum Learning]
Wenn Sie damit anfangen, sich für Werte und Identität zu interessieren, kommen Sie auf eine andere Stufe von Resonanz und Beziehung - von Führung. Ein interessantes Vorbild dafür ist Jacinda Ardern, die Ex-Premierministerin von Neuseeland.
2017 kam Ardern in Neuseeland eher unverhofft an die Macht. Die junge Ardern versprach einen Wahlkampf von „schonungsloser Positivität“, der Erfolg hatte. Im Februar 2023 trat sie freiwillig zurück, sie könne ihrem Auftrag aus Gründen fehlender Kraft und Energie nicht mehr gerecht werden.
15. März 2019: Attentat in zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch. Ein australischer Rassist erschießt 51 Muslime beim Beten – ein Blutbad von historischem Ausmaß für das sonst friedliche Land. Zum ersten Mal wird Jacinda Ardern wirklich der Weltöffentlichkeit bekannt, als Frau im Hidschab.
Statt mit harten Worten scharfes Vorgehen zu markieren, geht sie mit muslimischem Tuch auf dem Kopf zum Tatort und umarmt die Angehörigen der Opfer. Muslime seien nicht einfach eine andere Bevölkerungsgruppe, die in Neuseeland lebt, macht sie klar: „Sie sind wir.“ Ihre Trauerreden sind Botschaften der Versöhnung.
Ardern hat ein paar Überzeugungen, die unserem Wertekosmos fremd sind.
Ohne klare Identität der Gruppe und ihre aufmerksame, strategische Führung funktioniert kein Gruppenzweck.
Der Westen merkt das gerade. Wir haben seit Jahren eine intensive Identitätsdebatte, bis hin zu neuen Gruppenbildungen (»die Identitären« usw.). Führen können wir diesen »Trend« bisher in keiner Weise.
Wir als Gruppe sind das stärkste Instrument für das Überleben von Krisen, so die Überzeugung von Ardern. Wir brauchen die Gruppe, die Bindung, ein Zusammenstehen. Der Rest sind Peanuts. Wenn die Gruppe »geeicht« ist auf das, was alle wollen, übersteht sie (fast) alles.
Vorbild-Leader wissen das und können es führen. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama stimmte 2015 bei einer Trauerfeier nach einem Massaker an neun Afroamerikanern in einer Kirche „Amazing Grace“ an. Er zielte direkt auf den kulturellen Kern der betroffenen Gruppe, fern jeder – in solcher Situation notorisch unpassenden - »Rede«.
Jacinda Ardern führte das Land nach dem rassistischen Doppelanschlag mit 50 Toten auf zwei Moscheen in Christchurch auf einzigartige Weise durch diese Krise. In den ersten Stunden sagte sie: „Wir sind kein Ziel geworden, weil wir ein sicherer Hafen sind für die, die uns hassen. Man hat uns nicht gewählt, weil wir Rassismus billigen oder eine Enklave des Extremismus sind. Sondern, weil wir eben all dies nicht sind.“
Sie artikulierte die Identität der Gruppe, vergewisserte sich inmitten der anderen, wer sie sind. Wenn wir das wissen, ist „alles klar“, viel mehr braucht es nicht. Ardern erschien mit Hidschab, dem schwarzen Kopftuch der Musliminnen, nahm Frauen in den Arm. „Neuseeland ist in Trauer vereint. Wir sind in Trauer vereint.“ Die Bilder gingen um die Welt.
Solche Führung ist sehr selten, statistisch gesehen existiert sie gar nicht. Sie
Junge Menschen bei uns fangen an, solche Organisationen zu meiden, in der Breite ganzer Generationenlagen.
Ardern hat einen Abschluss in Politik und Kommunikation, wer aber nach PR-Beratern und Image-Experten forscht, sucht vergebens. Auch ihre Herkunft ist bodenständig. Sie stammt nicht aus einer Politikerdynastie, sondern aus einer Mormonenfamilie. Ihr Vater ist Polizist, ihre Mutter Assistentin bei einem Pflegungsdienstleister.
Die Welle neuer Eliten, die anti-elitär daherkommen, rollt im Westen gerade erst an. Es ist egal, wer diesen Anspruch erhebt (kann auch ein Milliardär sein). Wichtig ist, dass er erhoben wird. Diese Welle könnte die Demokratie wegschwemmen, so groß ist der Druck.
»Eliten« außerhalb von Kaderschmieden, Ivy-League, akademischen Führungsprogrammen und Zertifikate-Assessments zu rekrutieren, wäre in dieser Situation eine ziemlich gute Idee.
Rotationen, Auswahl per Zufallsprinzip, mehr Beteiligungsformen und Mitspracherechte für Mitarbeiter, neue Führungsmuster wie Unternehmensdemokratie sind längst etablierte Führungsexperimente in zukunftsrobusten Firmen. Sie folgen Prinzip (1): Erst das Soziale klären, dann die Ziele angehen.
Beim Treffen der Staatsoberhäupter des Commonwealth im Buckingham Palace sorgte Ardern für Aufsehen: Gekleidet in ein ockerfarbenes Kleid, ergänzt durch einen traditionellen Korowai-Umhang aus Kiwifedern.
Der Korowai symbolisiert bei den Maori Status und Macht und ist traditionell den Häuptlingen und Ältesten des Stammes vorbehalten – Männern. Das Bild von ihr ging sofort viral, da es als Zeichen eines Rollenbruchs wahrgenommen wurde: Eine schwangere weibliche Führungspersönlichkeit, die diesen prestigeträchtigen Mantel trägt und zugleich ihr Land repräsentiert.
Rollenfragen, -öffnungen und -experimente sind in modernen Gesellschaften seit Jahren ein Mega-Thema. Führungskräfte müssen nicht in Unternehmen damit herumprobieren, aber sie könnten anfangen, zumindest die Basics des modernen Zusammenlebens in der Organisation zu spiegeln. Wir belassen es mal bei dem banalen Hinweis auf Frauen: Noch nicht einmal das funktioniert. No regret, no surrender: Die Jungen wenden sich ab von solcher Unkultur.
Beim Besuch der Queen mit traditionellem Maori-Umhang. Bild: Imago. Quelle
Sie verfehlen den Führungszweck, nämlich das Gedeihen des Betriebs zu sichern. Von Empathie, Diversität und anti-elitärem Habitus »kann man sich nichts kaufen«.
Doch, längst.
Die drei vorgestellten Führungsmuster sichern Ihnen in Wirtschaftsbetrieben deswegen Aufmerksamkeit und ziehen Mitarbeiter in Ihren Bereich, weil Sie damit
im mentalen, psychologisch-emotionalen Sinne »kaufen« können. Genau das sind die tektonischen Platten einer intrinsischen Leistungskultur - was Manager aber eben nicht interessiert (wir schrieben darüber). Für die Betriebe selbst ist dieses Mindset eine Katastrophe.
Ob wir in den nächsten Jahrzehnten den etablierten westlichen Führungsirrsinn überwinden werden, ist offen. Das Prinzip „Erst das Leben, Überleben, die Menschen - dann irgendwas anderes, ein Handlungszweck, ein Ziel« ist banal. Jedes Kind versteht das.
Unsere Führungseliten wollen es nicht verstehen, werden aber von Multikrise (»wachsen allein reicht nicht mehr«), Survival-Zwängen und seltsamen neuen Menschen mit seltsamen neuen Gebräuchen immer unsanfter dorthin geschubst.
Es ist diese Situation (die noch über Jahre anhalten wird), die Führungskräften, die sich darauf einlassen, was gerade passiert, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung verschafft – schon jetzt, gut sichtbar.
Deutsche Vorzeigeunternehmen, die mit den alten Mustern brechen, haben weder Kräftemangel noch Bindungsprobleme. Sie haben jedoch das Privileg, sich mit den Hauptproblemen eines jeden Betriebs beschäftigen zu können: mit dem Markt und den Kunden (daher kommt der Wettbewerbsvorsprung), nicht mit den Kollateralschäden verkorkster, aus der Zeit gefallener Werte.
Unternehmen in Fernwest und -ost sind häufig so viel weiter als wir! Weil sie an Sachen arbeiten, die noch gar nicht da sind. Weil sie kontrafaktisch denken - und so den Markt überholen und anführen.
Sprechen Sie uns gerne an!
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